Korsikas Norden

Die ersten Tage waren dem Norden der Insel gewidmet. Hugo* hatte ein paar Touren für den Nordzipfel der Insel zusammengestellt. Ausgangspunkt war Saint Florent, wo wir ein kleines feines Hotel direkt am Strand geentert hatten. Die Insel ist so vielfältig und kurvenreiche Strassen gibt es zur Genüge. 

Korsika hat eine lange Geschichte. Viele stritten sich um das Eiland. Phönizier, Griechen, Etrusker, Vandalen, Goten, Karthager, Byzantiner, Langobarden, Sarazenen, Franken und wer auch sonst noch. Vor allem die Überfälle der sarazenischen Piraten drängten die Einheimischen ins Hinterland. Ab dem 14. Jahrhundert gehörte Korsika zur Republik Genua. Nach mehrjährigen Aufständen gegen die Genuesen machten die Korsen 1736 den deutschen Abenteurer Baron Theodor von Neuhoff (1694-1756) zu ihrem König – König Theodor I. Das Königreich bestand jedoch kaum ein Jahr, also keine dauerhafte Lösung. Endlich – 1755 wurde dann die Unabhängigkeit ausgerufen, die jedoch nicht anerkannt wurde. Wieder nix! Daraufhin verkaufte Genua die Insel an Frankreich, das 1769 die korsischen Truppen bei der Schlacht bei Ponte Nuovo besiegte. Das Bestreben der Inselbewohner nach Selbstbestimmung und Unabhängigkeit mündete lediglich in einem Sonderstatus, vergleichbar mit der Insel Sardinien. Jetzt aber genug Geschichte, wir fahren los!

Entlang der Küste fuhren wir zum Cap Corse, einer Halbinsel ganz im Norden. Wir kamen an kleine malerischen Orten vorbei. Die alten Häuser und Kirchen schmiegten sich auf die Hügelkuppen. Das satt blaue Meer war immer auf einer Seite zu sehen und schroffe Küstenlandschaft auf der anderen. In den kleinen Buchten ankerten vereinzelt Boote und wenige Badegäste belagerten die Kiesstrände. Keine Ahnung, ob es dem Virus geschuldet war, oder der Nachsaison, dass so wenig los war. Für uns war auf alle Fälle noch Sommer, eigentlich „ein Sommer wie damals“ – unbeschwert und schön. Am nordwestlichen Ende der Halbinsel leuchtete uns das Wahrzeichen von Cap Corse entgegen –  die strahlend weiße Moulin Mattei. Seit 2007 ist die Mühle renoviert. Von diesem beliebten Ausflugsziel hat man einen genialen Ausblick in alle Richtungen. An der Ostküste schlängelten wir uns vorbei an Bastia wieder zurück zu unserem Hotel, wo das Stiefelbier schon eingekühlt auf uns wartete. 

Geschichtsträchtig geht es weiter. Wir eroberten Calvi, eine Stadt westlich von Saint Florence, 24. km von L’ Ill-Rousse entfernt. Wir kämpften uns auf der D81 mit unseren Motorrädern hinter niederländischen Wohnmobilen Kurve um Kurve vorwärts. Wenn man die Geschichte von Calvi liest, scheint es so, dass der halben Welt was an der Herrschaft auf Korsika lag. Nach Sarazenenüberfällen, besetzte Pisa die Stadt, welche ihr vom Papst zugesprochen wurde. Natürlich kam es zu Streitigkeiten zwischen Pisa, Genua und korsischen Adeligen. Ich mache es kurz. Genua hat gewonnen und lies die Zitadelle in der Oberstadt ausbauen, die heute noch auf dem Felsen thront. Sampiero Corso, ein korsischer Freiheitskämpfer, versuchte im 16. Jahrhundert mit türkischer und französischer Unterstützung Calvi zu erobern, was jedoch nicht gelang. Im 18. Jahrhundert gab es ein kurzes Zeitfenster der Unabhängigkeit unter Pascal Paoli auf Korsika. Er verbündete sich mit den Briten, deren Flotte jedoch 1793 Calvi weitestgehend zerstörte. So sind wahre Freunde! Nach Verlusten der französischen Gebiete in Nordafrika wurde 1967 ein Fallschirmjägerregeiment der Fremdenlegion in der Zitadelle in Calvi stationiert. Einige Militärfahrzeuge haben wir oben auf einem Parkplatz gesehen. Also die sind noch immer da. Gegen wen heute die Stadt verteidigt werden muss, keine Ahnung. Zahlreiche Touristenströme sind es derzeit ja wohl nicht. 

Zu erwähnen sei noch, dass vermutlich Christoph Kolumbus ein gebürtiger Calvineser war. Könnte sein, dass er in der Zitadelle geboren wurde. Einige Inschriften und Murales lassen das vermuten. Beweise gibt es keine. Möglich wäre es schon, da Korsika lange Zeit zur Seerepublik Genua gehörte und die Geschichtsbücher beim Amerika-Entdecker von einem Genuesen schreiben. Hugo* und Pi machten andere Entdeckungs-Pläne für unsere Heimfahrt zum Quartier.

Hugo* & Pi bei der Planung inspiriert von Kolumbus

Da Pi noch etwas ruppigeren Boden unter den Rädern wollte, setzten wir über die D5 nach Saint Florent über. Dabei kamen wir bei der kleinen romanischen Kirche Saint Michel de Murato vorbei. Die Kirche stammt aus 1280 und wurde aus grünem Serpentin und weißem Kalkstein erbaut. Der Bau ist seit 1840 ein Monument historique und gehört damit zu den ältesten geschützten Objekten überhaupt. 

Unsere Zeit im Norden der Insel ging so schnell vorbei. Schon wurde der letzte Fahrtag besprochen. Kurz und knackig sollte er sein. Wir holperten nochmals ins Hinterland von Saint Florent vorbei an der Ponte Nuovo (Schlacht von 1769) und zurück über den Berg. Beim Sparmarkt bremsten wir uns ein, denn es war für den Nachmittag Selbstversorger-Beach-Party angesagt. Yeah!! 

Ponte Nuovo, Foto stammt von Piero Montesacro

Echt schön der Norden von Korsika. Uns hat es sehr gefallen.

*Namen der Tour-TeilnehmerInnen wurden aus Datenschutzgründen geändert.
– Sorry für die Verzögerung. Das Internet funktioniert hier im Süden extrem schlecht.

#korsika #motorradreise #urlaub #schoenezeit #makelifearide #motorradtouren

2 Gedanken zu „Korsikas Norden

  1. Bine

    Klingt alles echt traumhaft! Genießt die Zeit; bei uns beginnt es zu herbsteln! Die Tage sind warm, die Nächte schon eher frisch….. – schöne Zeit noch und eine unfallfreie Weiterfahrt!

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  2. Pingback: Sommerfeeling in Korsika | motorradsozia

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