Pässemarathon 2021

Zurück zum Pässemarathon und zurück in die Schweiz! Dort waren noch zehn Pässe offen. Regen und Sturm peitschte uns auf der Etappe raus aus Frankreich.
Sonne dann am Genfersee. Die Segler hatten ihre Freude, fast waagrecht legten sich die Boote auf die schaumgekrönte Wasseroberfläche. Die Linienschiffe hatten wetterbedingt bereits ihren Betrieb eingestellt, zumindest war das bei der Anlegestelle in Yvoire, einem mittelalterlichen Städtchen direkt am See, zu lesen.







Unser Stützpunkt sollte für zwei Tage ein modernes Appartement mit Waschmaschine in Aigle sein. Die App für den keyless-Zutritt hatte ich vorsorglich schon in Frankreich herunter geladen, da ich für die Schweiz nur 15 Minuten Notfalls-Datenvolumen vorgesehen hatte und das würde im schlimmsten Falle Euro 60,00 kosten. Laut der Beschreibung sollte das mit dem schlüssellosem Schlüssel gut funktionieren, obwohl schon so mancher seine Kritik am booking.Portal dazu geäußert hatte. Und wie sich herausstellte nicht unbegründet. Wir kamen in Aigle an und standen mal vor einer verschlossener Haustüre mit einem mega Zahlen-Video-Display. DEN Code hatte die künstliche Intelligenz nicht geschickt. Also warteten wir ca. eine Stunde, bis uns jemand ins Haus rein ließ. Auf der Notfallsnummer war nämlich während der ganzen Check-In Zeit (16:30-22:00) nur ein Tonband erreichbar, das auf Französisch erklärte, dass es die Anfrage nicht verstehe und man sich an einen Administrator wenden soll. „Der Hauptmann von Köpenick“ lässt grüßen. Endlich waren wir vor der Eingangstür zu unserem Appartement. App auf, so wie es im YouTube-Video beschrieben war, nix. Plötzlich ein kurzes grünes aufflackern, ich schnappe die Türschnalle und der Sesam öffnete sich. Im Nachhinein kann ich sagen, das war absolutes Glück, denn nachgelesen, war die Möglichkeit auf ein 5-sekündiges Zeitfenster mit der keyless-App begrenzt. Und natürlich war mein Datenvolumen Euro 60,00 damit aufgebraucht. Es sollte ja drinnen Internet geben, um vielleicht wenigstens eine Nachricht absetzten zu können, denn schriftlich hatte ich ja die Zutrittsmessage (ohne Haustür-Code) bekommen, den Code brauchten wir noch. Im Appartement gab es zwar eine WIFI-Box aber keinen Hinweis auf ein Password. Die ausführliche Beschreibung zur Schweizer Mülltrennung und wo dieser abgestellt werden muss, wenn man die Logis verlässt, half in dem Falle nicht wirklich weiter. Vorübergehend halfen wir uns bei der Türe mit einem Sessel, den wir in die Tür stellten, damit wir wenigstens unser Gepäck reinholen konnten. Das Vertrauen in die Schlüssel-Technik war geschwunden. Keine Ahnung, wofür die Notfallsnummern (2 hatte ich) waren. Es meldete sich ganzen Abend niemand. Unser Ansuchen um einen Rückruf landete wahrscheinlich im Nirwana. Nun, wenigstens hatten wir ein Bett für die Nacht. Am nächsten Morgen, oh welch Glück, am Telefon war eine menschliche Stimme, die auf unterschiedliche Fragen höchst unlogisch antwortete. Zusendung per E-Mail des WIFI- und Haustür-Codes! Wie soll das ohne Datenvolumen funktionieren, mein Handy war bereits gesperrt, hatte ja alles aufgebraucht? Endlich konnten wir der Dame klar machen, dass Sie die Codes per SMS schicken soll, damit wir ins Haus und ins Internet kommen und weiter Anweisungen dort auf einer uns noch immer unbekannten Homepage nachlesen können. Wir wären nämlich die Dummen, die ja im Vorfeld auf einer Homepage (Frage welche???) alles nachlesen und PDF-downloaden hätten können, natürlich mit Schweizer Datenvolumen. Wurscht! Wir waren ziemlich verärgert, aber das was wir brauchten hatten wir nach längerem hin und her endlich bekommen. Die schlüssellose Tür ließ sich zwar nicht absperren, aber auch das war uns schon egal, denn wir hatten unsere Pässetour zu erledigen. Blieb halt die Tür unversperrt offen. Unsere noch schmutzige Wäsche, wird schon keiner nehmen! Am zweiten Abend sollte Waschtag sein. Wir fanden die Waschmaschinen und Trockner, die eigentlich im Appartement sein hätten sollen, im Keller. Richtig, auch wieder ohne Instruktionen! Nachdem wir alle Möglichkeiten der Tastenkombinationen durch hatten, nahmen wir die schmutzige Wäsche wieder aus dem Gerät und wuschen das Nötigste per Hand. Bei einer Maschine hatte scheinbar ein Nutzer der Anlage schon seinen Frust ausgelassen. Wir würden es verstehen. 🙂 Letztendlich bekamen wir noch eine schriftliche Anweisung, wie wir das Appartement zu hinterlassen hätten: Mist raus tragen, Geschirr in den Geschirrspüler (wir hatten keinen, also wusch ich alles fein säuberlich ab), alle Fenster und Türen schließen und schlüssellos absperren, was natürlich noch immer nicht funktionierte.

Die Bewertung für Furnished Studio #004 – Swiss Resort Aigle fiel dementsprechend schlecht aus. Unser Resümee: wir mieten zukünftig nur noch Quartiere, wo sicher gestellt ist, dass im Notfall Personen erreichbar und behilflich sind. Nun genug ausgekotzt!
Bei Kaiserwetter nahmen wir den ersten offenen Zielpunkt von der Liste in Angriff. Die Bergpanoramen waren einfach atemberaubend. In der Ferne war der Mont Blanc zu sehen und irgendwo spitzte kurz ein Zipfel vom Matterhorn hervor. Beim Mauvoisin-Becken trafen wir zwei Biker. Der eine Fahrer war mit einer wunderschönen alten von HPN umgebauten BMW GS, ausgestattet mit einem Dakar-Motor, unterwegs. Das Prachtstück wurde gleich für ein Foto vom Bock-Chef in Beschlag genommen. Dann ging es zum Col de Claude auf 1.621 m. Die Anfahrt war sicherlich eine der schwierigeren Strecken von der ganzen Pässe-Tour. Am Pass befanden wir uns genau in der Wolkenschicht mit wenig Aussicht. Um ganz genau zu sein, nur für ein paar Sekunden öffnete sich die Nebelschwade und dann ruderten wir in der Nebelsuppe wieder den Berg runter.









Die Pässe in der Schweiz mussten wir gut planen. Es gab ein Militärsperrgebiet, das nur am Wochenende zu befahren war. Wieder kletterten wir in den Hochnebel rauf, warteten den Almabtrieb ab und die Durchfahrtszeit beim Tunnel, dabei bewunderten wir die unsichtbare großartige Landschaft. Bei einigen Pässen waren wegen Baustellen nur gewisse Durchfahrtszeiten möglich und der Pragel-Pass durfte am Wochenende gar nicht mit Motorrädern befahren werden. Und letztendlich überquerten wir bei heißen 4,5 Grad unseren letzten Zielpunkt in der Schweiz, den Oberalp-Pass, dessen Markenzeichen ein roter Leuchtturm ist. Warum auf 2.046 m ein Leuchtturm steht haben wir uns auch gefragt. Hier die Antwort: Man baute den Turm als Symbol für die Verbindung zwischen Anfang und Ende des Rheins. Der Turm ist eine Kopie eines echten Leuchtturms, der einst bei der Mündung des Rheins in Rotterdam stand. Der kleine Bruder in den Alpen steht jetzt nahe der Quelle des Flusses.
Die Pässe in der Schweiz sind alle abgehakt und Aigle bleibt zukünftig von uns für immer und ewig verschont, auch wenn es dort eine schöne Burg und guten lokalen Wein gibt.
Weinbaugebiet bei Aigle Dirtysocks hatten wir auch!
Ah, noch was! Wir haben sogar einen ganz eigenen Pass für alle Sozia-Fahrerinnen überquert, den Col de Pill(i)on*. Leider haben sich die beim Schild ein wenig verschrieben. Vielleicht bekommen wir für den Pass noch einen extra Punkt!

*Pillion ist die englische Bezeichnung für Sozia
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