Am Weg nach Marrakesch

Unsere Fahrt von Tafraout nach Marrakesch waren so an die 500km. Natürlich könnte man die Strecke durchfahren, vorausgesetzt, alle Strassen sind gut in Schuss. Da unsere Route über den Tizi-N-Test-Pass führte und unmittelbar durch das Erdbebengebiet von 2023, waren wir etwas skeptisch und planten mehr Zeit ein. Clever war´s!

Die erste Etappe war noch in der magischen Weite des Antiatlas, vorbei am Speicherbau Agadir de Tasguent. Die Speicherbau wurde in der traditionellen Stampflehmbauweise errichtet und geht auf das 12. Jh. zurück. Die Getreidevorräte zu schützen war wichtig. Gegebenenfalls konnte sich bei Bedrohungen die Bevölkerung auch dorthin zurückziehen. Mit der besseren Nahrungsmittelversorgung in der Kolonialzeit verloren die Speicherburgen in Marokko zunehmend an Bedeutung. Wegen des guten Erhaltungszustandes ist der Agadir de Tasguent ein wichtiges Beispiel für diese Bauweise.

Von den Bergen im Antiatlas kamen wir, auf die Anhöhen des Hohen Atlas wollten wir. Das heißt, da liegt ein Tal oder eine Ebene dazwischen, das/die wir durchqueren müssen. Der Fahrtwind war bei 39,5 Grad nicht wirklich eine Abkühlung, aber die 110 km blieben uns nicht erspart. Erschwerend kam noch dazu, dass Meister Garmin fast einen Hitzschlag erlitt und nur noch wirr durch die Gegend fahren wollte. Google-Maps hat uns 4,5 km über eine ausgefahrene Schotterpiste durch ein ausgetrocknetes Flussbett gelotst, damit wir unseren Overnight-Stop in Oulad Berhil erreichten. Dieser Ort schien uns ein guter Ausgangspunkt für die Fahrt über den Pass, der auf 2.100 m liegt. Beim Quartier habe ich leicht das „genehmigte“ Nächtigungsbudget überzogen, aber wirklich nur geringfügig. Die Nachsaisonpreise kommen uns schon recht gelegen. Wir leisteten uns eine Nacht in einem Riad, jedoch nichts ahnend, dass wir in einem Palast aus 1860 landen würden. Das Riad entsprach ganz dem, was ich mir unter 1001 Nacht vorstellte. Ein Sprung in das kühle Nass im Pool war an dem Tag genau das, was ich mir nach der heissen Fahrt wünschte. Zum Abendessen bestellten wir eine Tajine mit Pflaumen und Mandeln. Die hatten wir zwar schon, aber der Herr in der Rezeption meinte: „Lassen sie sich überraschen, sie werden sehen es ist die Beste.“ Er hatte recht!

Ausgeruht, zufrieden und mit einem Lächeln im Gesicht verliessen wir diesen wunderschönen Ort. Wir wurden gewarnt, dass die Straße über den Tizi-N-Test in keinem guten Zustand ist. Das hatten wir auch vermutet, nachdem in der Region 2023 ein starkes Erdbeben war. Klar, die Strasse wird erneuert und so wie es aussieht zieht sich nach der Fertigstellung eine Autobahn über den Pass. Wir haben mit dem Hüttenbetreiber an der Passhöhe gesprochen. Der Ausbau der Strecke wird vorangetrieben, damit es eine bessere und kürzere Verbindung zwischen Marrakesch und Taroudannt gibt. Man erhofft sich dadurch mehr Tourismus in der Region. Während wir in der Hütte einen Tee schlürften und Kekse knabberten dröhnten vor der Tür die Bagger, Bohrer und Baufahrzeuge. Etliche Motorradfahrer stoppten kurz in der Staubwolke, schnell ein Foto und weiter.“ Ja, das ist im Moment eine schwere Zeit“, meinte Said, „so beliebt der Platz immer bei Motorradfahrern war, jetzt mit dem Lärm und Staub mag keiner hier Pause machen.“ Wir haben ein saftiges Trinkgeld da gelassen, vielleicht hilft es in der schwierigen Zeit.

Der Bock war schon das richtige Fahrzeug für die Passüberquerung mit den vielen Baustellen. Wir kamen langsam, aber gut voran. In Tinmal gab es eine Moschee im Almohadenstil, vergleichbar mit Cordoba oder Marrakesch. Das Bauwerk wurde beim Erdbeben 2023 schwer beschädigt. Gerüste stützen die Mauern, die noch übrig sind. Eine Tafel zeigt die Moschee, wie sie ausgesehen hat. Wie weit ein Wiederaufbau möglich sein wird und mit welchen Mitteln ist derzeit noch offen. Auch sonst ist der Ort noch in einem schlechten Zustand. Früher kamen die Leute die Moschee besichtigen, weil auch Gläubige anderer Konfessionen rein durften. Der eine oder andere, so wie wir, verirrt sich noch nach Tinmal. In der Kurve vor der Ortsausfahrt gab es ein Kaffeeauto (ich hab schon am Anfang unserer Reise von den Kaffeeautos berichtet). Wir sorgten für Umsatz und liessen auch dort ein saftiges Trinkgeld zurück. Weiter ging es von Baustelle zu Baustelle. Einmal mussten wir sogar warten, bis ein Bagger die Straße freigeräumt hatte. Die Fahrt war eine ziemlich staubige und langsame Angelegenheit bis Ouirgane.

Trotzdem lagen wir gut in der Zeit, dass sich das Olinto noch ausgeht. Ihr fragt euch, was das Olinto ist? Nun eines Tages sass ich bei meiner Friseurin in Wien und blätterte in einen Magazin, wo das Olinto – ein Luxusressort, das einem marokkanischen Prinzen gehört – beschrieben wurde. Und da stand, wenn man in der Nähe ist, sollte man unbedingt einen Kaffee dort trinken und den Garten besichtigen. Wir fuhren mit dem staubigen Bock und ich in staubiger Montur dort vor. Nun die Pforten waren verschlossen, kein gutes Zeichen, dass man da so einfach reinspazieren könnte. Trotzdem stieg ich ab und klopfte an der Tür. Ein freundlicher Herr öffnete, verstand kein Wort und rief einen anderen livrierten Herrn herbei, der Englisch sprach. Ich erklärte ihm, was ich in dem Magazin gelesen hatte. Wenn. man in der Nähe ist, sollte man hier Kaffee trinken. Man kann nur rein, wenn man eine 24 Stunden vorher getätigte Reservierung hat, erklärte er mir. Dann wollte er mir eine Visitkarte geben, wo ich per Mail eine Reservierung für einen Lunch oder ein Dinner machen könnte. Ich erklärte ihm, dass ich am nächsten Tag nicht mehr da sei. Ich war ziemlich enttäuscht. Dann fragte ich ob ich für diesen Abend eine Reservierung für ein Dinner machen kann. Ich war wild entschlossen, ich wollte unbedingt da rein. Siehe da, das war plötzlich möglich, nachdem er den BMW-Bock und meinen Fahrer hinter mir gesehen hatte. Der Herr verabschiedete sich sehr höflich und meinte der Portier an der Pforte würde um 19:00 Uhr am Tor auf uns warten und es wäre dann alles vorbereitet. Und so wars dann auch. Wir wurden königlich empfangen. Die ganze Anlage (zumindest, das was wir gesehen haben) ein Traum. Jedes Detail war stimmig. Die Bedienung zuvorkommend und aufmerksam. Das Ambiente, das Essen, alles vom feinsten. Wir hatten tatsächlich einen 1001-Nacht Abend im Olinto. Danke, danke, danke nochmals, dass das möglich war.

Wir haben in Ouirgane in einem entzückenden Gästehaus gewohnt, sicher das sauberste Quartier, seit wir in Marokko sind. Fast hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass wir nicht dort gegessen haben, weil die Leute auf jeden Gast angewiesen sind. Aber das Olinto musste einfach sein.

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