
Die Altstadt von Marrakesch muss man erleben. Sobald die Stadttore durchschritten sind, ist es wie ein Sog, der einen in die engen, belebten und geschäftigen Gassen zieht.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich ein eigener Guide für ein paar Stunden immer lohnt. Es werden Dinge erzählt und gezeigt, die nicht im Polyglott stehen. Wir bekamen unseren Guide von einer Freundin vermittelt, die schon in Marrakesch war. Taib spricht perfekt Deutsch und hat auf seinen Führungen schon die österreichischen Regierungsspitzen kennen gelernt. Wir waren in besten Händen. Neben den verborgenen Handwerkergassen in den Souks stand auch das Palais de la Bahia und die Medersa Ben Youssef am Programm. Unser Treffpunkt war vor dem Cafe De France am Jemaa el-fna – Gauklerplatz. Scheinbar ist das ein sicherer Platz um sich zu finden in dem Gewirr, das normalerweise auf dem großen Platz herrscht. Derzeit staubt eine Baustelle alles ein, dennoch liessen sich die Schlangenbeschwörer und Berberaffenquäler nicht abschrecken. Geschäfte müssen gemacht werden. Mein gelber Pullover war unser Erkennungszeichen. Pünktlich starteten wir los.
Unser erster Besichtigungspunkt war der Bahia Palast aus dem 19. Jahrhundert. Schon da merkten wir den Vorteil, einen Fremdenführer zu haben. Die Schlange an der Kassa war lange. Geführte Gruppen – und wir waren eine kleine Gruppe – rutschten schnell hinein. Manche Räume waren derzeit nicht zugänglich wegen Renovierungsarbeiten. Interessant fand ich die Information zu Forschungen zu den Deckenmalerei im Palast. Es wurde herausgefunden, dass sich während der Arbeiten an den Holzdecken ein Maler aus Deutschland/Bayern in Marokko befand. Und man vermutet, dass deshalb die Ähnlichkeit zu uns bekannten Bauernmalereien gegeben ist. Im Palais haben wir noch eine Ergänzung zu unserem Gartenwissen bekommen. Ein islamischer Garten besteht aus vier Flächen mit Orangen-/Apfel- oder Granatapfelbäumen. Diese vier begrünten Teile stehen symbolisch für die Jahreszeiten. Dazwischen führt ein kreuzförmiger Weg, an dessen Scheitelpunkt ein Brunnen steht. Die vier Wege stehen für Wasser, Milch, Honig und Wein. Wein? Das Alkohol- und Rauschmittelverbot im Koran stammt aus der Zeit um 625 n. C. Zuerst war es nur auf die Zeit vor den Gebeten beschränkt. Erst später kam das vollständige Verbot. Auslöser für diese Veränderung war, dass ein Vorbeter in weit zurück liegender Zeit betrunken war und so die Suren des Koran nicht korrekt vortragen konnte.
Im Palast des Wesirs lebten auch Haremsdamen. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, 24. Der Wesir selber durfte nur vier Frauen haben. Davon war eine Frau die Hauptfrau – hier war es Bahia, die Schöne. Die anderen Frauen waren Geschenke für Gefälligkeiten. Ebenso konnte eine Frau aus dem Harem weiter geschenkt werden. Nicht der Wesir selber entschied, welche Frau gehen musste, sondern die Eunuchen suchten eine Frau aus. Heute gibt es in Marrakesch nur noch zwei Männer, die mehr Frauen haben, genau zwei Frauen. Es muss jeder Frau das gleiche geboten werden. Heute ist es sicher eine Frage des sich leisten können, oder sich leisten wollen.
Wir durchstreiften einige weniger von Touristen frequentierte Gassen. Unser Guide zeigte uns sein Elternhaus. Er war selber war hier aufgewachsen. Später als er schon zu studieren begonnen hatte, war er der jüngste Bezirksschreiber mit 18 Jahren. Es gab nämlich in jedem Bezirk eine Schreibstube. Viele konnten nicht schreiben und Lesen. Die Schulpflicht wurde erst nach der Unabhängigkeit Marokkos 1956 schrittweise eingeführt. Grundsätzlich gilt die Schule für alle Kinder bis 15 Jahre. Die Grundschule kostet nichts, jedoch die Kosten für den Schulbus oder wenn die Kinder im Internat bleiben müssen, weil sie zu entlegen wohnen, das muss von den Familien aufgebracht werden.
Da passt gleich unser nächster Besichtigungspunkt, die Medresa Ben Youssef aus dem 14. Jahrhundert. Auch da waren wir froh unseren Guide zu haben, um schnell an den Menschenmassen vorbei in das Gebäude zu kommen. Bis zu 360 Schüler fanden in der Medresa Platz. Wenn man sich´s leisten konnte, bekam man ein Einzelzimmer mit Fenster zum Innenhof. Wenn die Geldbeutel nicht so gefüllt waren, wurde es nur eine dreier Zelle mit kleinen Oberlichtfenstern. 1960 wurde der Lehrbetrieb eingestellt. Danach erfolgte die Umwidmung zu einem Museum. Auch architektonisch ist es ein beachtliches Bauwerk mit kostbarem Fliesendekor.
In der Nähe der Medresa liegt das Storchenhaus das Dar Bellarj. Die Geschichte reicht weit zurück, als das Haus eine Karawanserei war. Aber warum Storchenhaus: Hier konnten Störche, die auf ihrer Winterreise verletzt wurden, abgegeben werden. Es war quasi ein Storchenspital. Störche gibt es viele in Marokko. Ihre Nester findet man an verschiedensten Plätzen, z.B.: auf Minaretten oder Sendemasten. Das Storchenhaus, heute ist es ein Kulturzentrum, ist einer Schweizer Innenarchitektin zu verdanken – Susanna Biedermann.


Aber weiter in den Souks. 7000 Geschäfte gibt es in den Gassen der Medina und jedes Geschäft macht jeden tag seinen Umsatz, so unser Fremdenführer. Er muss es wissen, nachdem er hier aufgewachsen ist und viele der Händler persönlich noch kennt. Im Viertel der Lederhändler konnten wir bei der Versteigerung der Lederballen für die marokkanischen Latschen, die in keinen Werkstätten handgefertigt werden, miterleben. Diese Versteigerung findet jeden Tag um 14:00 Uhr statt. Ich schicke euch durch meinen „Foto-Souk“ (inklusive Besuch beim Antiquitätenhändler, jetzt mein Lieblingsgeschäft in Marrakesch). Ihr müsst euch dazu das Gebrumme von Mopeds vorstellen und Stimmengewirr.
Die Zeit war schnell vergangen mit unserem Guide. Danke nochmals Taib.
Etwas Zeit blieb noch. Um die Koutoubia Moschee, das Wahrzeichen von Marrakesch, kommt man sowieso nicht umhin. Man kann zwar nur rund herum gehen, weil Gläubige anderer Konfessionen nicht rein dürfen, aber ich hatte das Glück, dass das Tor offen war, schnell ein verstohlener Klick für ein Foto. Wie schon früher erwähnt steht diese Mosche in der Almohadentradition, so wie die zerstörte Moschee in Tinmal.
Und was darf in Marrakesch nicht fehlen. Der Wasserträger – auf arabisch Guerrab. Wir haben ihn am Gauklerplatz zufällig getroffen. Heute verdient er sein Geld indem er sich mit seinem traditionellen Kostüm mit Touristen fotografieren lässt. Früher brachte der Wasserträger Trinkwasser zu den Händlern in die Souks. Mit seine Glöckchen war es zu hören und man sagt eine Begegnung mit dem Wasserträger bringt Glück.




A tout a l’heur. Lasst euch überraschen, wohin die Reise weiter geht.
#motorradfahren #motorradreisen #bmwadventure #abenteuer #reiselust #pillionrider #kleineabenteuer #adventure #welterfahrung #marokko #marrakesch






































































