Am afrikanischen Kontinent angekommen

Nach einer zweieinhalbtägigen Überfahrt bei ruhigem Seegang kamen wir am Sonntag (20.09.25) abends in Tangermed etwas früher an. Scheinbar hat das Schiff Zeit aufgeholt. Immerhin fuhren wir in Genua mit erheblicher Verspätung los. Die Zollformalitäten konnten auf der Fähre bereits während der Überfahrt erledigt werden.

Zwar gab es noch ein paar Checkpoints bei der Hafenausfahrt. Die Verwirrung entstand, weil wir mitten in einer großen Gruppe von einem Motorradveranstalter raus rollten und die Behörde glaubt, wir gehören zu denen. Nene! Rasch war alles klar. Noch schnell ein Stopp bei einem der zahlreichen Cashmaschinen, um ein paar marokkanische Scheine zu ziehen, eine marokkanische SIM-Karte ins Handy und die ersten rund 30 Kilometer nach Tanger fuhren wir in Richtung Sonnenuntergang. Jetzt geht´s los, dachte ich mir, wir sind am afrikanischen Kontinent angekommen. Es gab noch gute Sicht. Daher, nahmen wir die Landstraße, um einen ersten Eindruck von der Landschaft, den Strassengegebenheiten und den Fahrgewohnheiten der Marokkaner kennen zu lernen. Kurz zusammengefasst: Straßenbelag durchwegs sehr ok, Vorsicht in den Kurven und beim Überholen. Die Marokkaner schneiden gerne die Kurven und Mittelstreifen sind scheinbar nur ein vager Anhaltspunkt, um die Spur halten zu können. Bei Einbruch der Dunkelheit und größerem Verkehrsaufkommen, erreichten wir unser Quartier am Stadtrand von Tanger. Wir hatten es ausgewählt, weil es einen abgeschlossenen Motorradparkplatz im Garten gab und strategisch günstig für die Weiterfahrt am nächsten Tag gelegen war.

Der erste Fahrtag brachte uns gleich an die 320km ins Landesinnere. Auf der Strecke bekamen wir ein paar landestypische Dinge mit. Zum Beispiel: Strategisch wichtigen Kreuzungspunkten sind Marktplätze, wo alles eingekauft werden kann. Die Transportmittel sind unterschiedlichst, von Esel, per pedes, Fahrrad, Sammeltaxi, zusammengeflickte Mopeds, hoch oben auf einem überladenen Laster oder eine übervoll besetzte Klapperkiste war alles dabei. Aber es gibt auch schicke neue Autos. Die Gegensätze sind so krass, als ob sich diese Menschen in Parallelwelten bewegen würde.

Wir haben den landesüblichen Pfefferminztee getrunken. Eine neue Erfahrung waren die Kaffeeverkäufer entlang der Straße. Deren Fahrzeuge haben im Kofferraum eine Barista-Kaffeemaschine montiert. Und der Espresso ist vorzüglich.

Es gibt viele Checkpoints von der Gendarmerie. Meist stehen sie bei einem Kreisverkehr. Nach welchem Prinzip die Kontrollen erfolgen, hat sich uns noch nicht erschlossen, auch egal, wir wurden bisher immer durch gewunken. Auf alle Fälle ist es wichtig, die Geschwindigkeitsanzeigen einzuhalten.

Um richtig anzukommen, hatten wir uns für die ersten Tage in einem Riad in Meknes einquartiert. Ein Riad ist ein typisches Stadthaus, das von wohlhabenden Familien bewohnt wurde. Es verfügt meist über einen Innenhof und/oder eine Dachterrasse. Die Ausstattung ist prächtig. Eine Zeit lang verfielen die Häuser bis in den 90-er Jahren viele Ausländer die Liegenschaften aufkauften und zu Gästehäusern umgestalteten. Meist verfügt ein Riad über nur wenige Zimmer, was dem Gast Privatsphäre vermittelt. In manchen Häusern wird auch Essen angeboten. In unserem Riad konnte man den Service auch auf Bestellung nutzen, was wir auch gemacht haben. Es war einfach bequem, nach einem langen Tag in der Stadt, das Abendessen im Haus geniessen zu können. Hassan, unser Gastgeber, hat immer Köstlichkeiten auf den Tisch gezaubert.

Meknes ist eine der vier Königsstädte von Marokko. Je nach Herrschergeschlecht wechselten die Sitze der Königsresidenzen. Fes, Marakesch, Meknes und Rabat, wir werden alles besuchen. Ich habe in einem Reiseführer gelesen, was man unbedingt in Marokko erleben muss. Das stand in der Medina (Altstadt) von Marakkesch verirren. Nun, wir haben es am ersten Abend gleich in Meknes geschafft. Nach dem Abendessen machten wir einen Spaziergang und bogen unweit von unserem Riad in die Souks der Medina ein. Die engen Gassen, schummrige Beleuchtung, das geschäftige Treiben saugten uns förmlich auf. Die Neugier, was es da alles zu bestaunen gibt, trieb uns immer weiter und weiter, bis wir am anderen Ende der Stadt beim blauen Tor wieder ausgespuckt wurden. Wir befanden uns plötzlich wieder im Verkehrsstrom ausserhalb der Stadtmauern. Zurück durch die Medina war keine Option, weil wir ja nicht wussten, welche Gassen wir genommen hatten. So blieb nur der Weg entlang der Stadtmauer, denn unser Riad lag ja gleich hinter einem kleinen Tor und dort sollten wir hinfinden. Wir stiefelten dahin, hatten ja keinen Stadtplan, kein Geld und auch kein Handy dabei – für einen kleinen Spaziergang braucht man das nicht. Vorbei an einem ziemlich finsteren und verkommen dreckigem Bauplatz folgten wir dem Gehsteig entlang der beleuchteten Strasse, aber irgendwie war klar, dass wir uns so eher entfernten. Ich schaltete meinen Orientierungssinn scharf, weiter auf der Straße, dann rechts und nochmals rechts und links muss das kleine Stadttor sein. Bingo, wir kamen ohne Meister Garmin zurück zu unserem Riad. Der Abendspaziergang war ca. 7,5 km lang.

Für den nächsten Tag organisierten wir uns einen Fahrer. Nahe von Meknes liegt die archäologische Ausgrabungsstätte von Volubilis. Die Blütezeit erlebte diese römische Stadt im 3. Jh. v. C.. Sie war die Hauptstadt der Provinz Mauretanien. Der Reichtum spiegelt sich in der Ausstattung der Architektur wieder. Mosaikböden, prunkvolle Badelandschaften in den Häusern, eine Prachtstrasse mit Triumphbögen und Tempelbauten zeugen vom Luxus. Es wurden zahlreiche Ölmühlen ausgegraben. Das Olivenöl bescherte den Leuten den Reichtum. In der vorrömischen Zeit herrschte lange Frieden in der Region von Volubilis, so dass keine Befestigungsmauer nötig war. Erst die Römer errichteten im Zuge der Stadterweiterung eine Stadtmauer.

Von Volubilis sieht man einen Hügel mit weißen Häusern. Das ist der Ort Moulay Idris, benannt nach seinem Gründer Moulay Idris I. Er hat den Islam nach Afrika gebracht und wird daher verehrt. Sein Mausoleum eben dort ist daher eine Pilgerstätte und nur für Moslems zugänglich. Ein schweisstreibender Aufstieg in den engen steilen Gassen lohnt sich, um einen Blick auf das Grabmahl zu erhaschen. In der Ferne ist auch Volubilis zu erkennen.

Nach dem Ausflug mit dem Auto, war nochmals Meknes an der Reihe, aber diesmal bei Tageslicht. Was muss man sehen: das Mausoleum von Moulay Ismail I., dem 2. Sultan der noch heute herrschenden Alawiten-Dynastie. Das Tor Bab El Mansour ist UNESCO-Weltkulturerbe und gehört zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Marokkos. Wir waren in der großen Markthalle und natürlich wieder in den Souks der Medina. Diesmal hat uns ein selbsternannter Guide aufgegabelt und sämtliche Moscheen, Koranschulen, Hamams, die kollektive Backstube, sowie den einfachen Weg zurück zu unserem Riad gezeigt. Er führt über die dreckige verkommene Baustelle. So wären wir in ca. 5 Minuten retour gewesen. 😦

Wir geniessen die sommerlichen Temperaturen und tauchen mehr und mehr in das Leben in Marokko ein. Jetzt machen wir uns auf nach Casablanca.

P.S.: Die Störche aus Rust sind auch da. Es gibt wahnsinnig viele Störche in Meknes. 🙂

#motorradfahren #motorradreisen #bmwadventure #abenteuer #reiselust #pillionrider #kleineabenteuer #adventure #welterfahrung #marokko #meknes #volubilis #moulayidris

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..